Paris im Winter: Fünf neueröffnete Hotels für einen Städtetrip (2024)

«Monsieur Aristide»: Es gibt sie noch, «la bohème»

«Wir wollen ein lebendiges Haus sein», sagt Antoine. Dafür schmettert der junge Rezeptionist mit gezwirbeltem Schnauzer und paillettenbesetztem Mikro mitunter nostalgische Chansons durch die Lobby des 2021 eröffneten 4-Sterne-Hotels Monsieur Aristide. An einem Kopfsteinpflastersträsschen im schönsten Gewusel der Butte Montmartre gelegen, gehört es zu einem Familienunternehmen mit neun kleinen Hotels; wie auch das «Monsieur George» nahe den Champs-Elysées, dessen junger Küchenchef im Restaurant Galanga gerade einem Stern entgegenkocht – und der auch fürs Néo-Bistrot im «Aristide» verantwortlich zeichnet.

Das Monsieur Aristide ist klein und fein. Es gibt nur 25Zimmer, alle von Designerin Marion Collard mit viel Charme und Detailfreude eingerichtet: Terrazzoböden, Stoffbezüge vom Marché Saint-Pierre am Montmartre, frisch gepolsterte Samtsesselchen, Trouvaillen von Antikmärkten und ihre eigene Produktlinie brachte Collard hier unter.

Zu den Highlights gehören die Gartensuite zum Innenhof, zu der –mitten in Paris! – tatsächlich ein eigener kleiner Garten gehört. Oder auch, ganz oben, die Duplex-Suite: Vom Salon mit viel Kunst an den hohen Wänden führt eine schmale, steile Stiege hinauf zu Bad und Schlafzimmer mit Balkon über den Dächern von Paris. Mansardenfeeling pur, man fühlt sich comme une vraie Parisienne. Wer sich etwas vorneigt, kann laut Antoine sogar den Eiffelturm sehen.

DZ ab 170 Euro/Nacht, Frühstück 19 Euro pro Person; monsieuraristide.com

Hotel Chouchou: «Voulez-vous coucher avec moi?»

Unter dem hohen Glasdach des Innenhofs schlägt das Herz des Hotels: Hier bereiten Garçons in Hosenträgern zum Frühstück den Espresso am langen Zinktresen zu, Perserteppiche bedecken Holzbohlen, eine kleine Bühne scheint nur auf Chansonniers zu warten, und Lichterketten durchkreuzen die gewächshausähnliche Architektur. «Bienvenue à la Guingette» wie aus dem Bilderbuch oder besser noch: wie von Renoir gemalt. Zugegebenermassen mit sehr zeitgenössischen Details, so prangt unter der Verrière der Guingette, wo freitags und samstags DJ-Sets die Scheiben beschlagen lassen, ein verruchtes ? in Neon-Leuchtschrift.

Konsequenterweise kann man an der Rezeption nicht nur einchecken, sondern auch Erotikspielzeug oder Babydoll-Unterwäsche erwerben. Am allerverruchtesten wird es allerdings im Untergeschoss: dort befinden sich les Bains, drei einzeln buchbare Räume mit Jacuzzi und animierendem, «Pigalle»-inspirierten Interieur mit im Leo-Look bezogenen Kissen, schaukelnden Käfigsitzen und verspiegelten Decken.

Dabei ist man hier nicht einmal so richtig nah dran am Moulin-Rouge-Viertel, sondern ganz im Gegenteil nur wenige Spazierminuten von den noblen Galeries Lafayette Haussmann entfernt.

In den Zimmern punktet das 2020 im Design von Michael Malapert eröffnete «Chouchou» – der übrigens auch die nahe gelegene Pâtisserie von Insta-Liebling Cédric Grolet gestaltete – denn auch mit Eleganz in Dunkelblau und Gold. Oder Pudertönen wie etwa in der Edith-Piaf-Suite «La Vie en Rose», mit altem Grammophon und freistehender Wanne. Was heisst se chouchouter noch mal? Ach ja: sich verwöhnen. Wichtige Vokabel!

DZ ab 270 Euro/Nacht, Frühstück inkludiert; chouchouhotel.com

Hôtel Rosalie: auf sozial-ökologischer Mission

Viel junges Publikum findet in dieses Viersternhotel im 13.Arrondissem*nt. Kein Wunder, die Kunstschule Estienne, deren Studenten bei der Hotelzimmergestaltung mitwirken durften, liegt ums Eck, wie auch die bunten Street Art-Fassaden der erstaunlich wenig überlaufenen Bilderbuchsträsschen von La Butte aux Cailles. Das einstige Mercure Hotel erfuhr ein stylisches Update von Marion Mailaender (die für das Cabanon-Hotel Tuba in Marseille vielfach gerühmte Designerin).

Für das im vergangenen Mai eröffnete «Rosalie» liess sie mehrere Terrassen bepflanzen. Spatzen nisten in den Büschen am kleinen, künstlichen Wasserfall, es gibt Hochbeete, Hopfenspaliere und Holzbänke und dazwischen Open-Air-Yoga im Sommer. Die 60Hotelzimmer sind zwar wirklich klein zugeschnitten (ausser die Junior Suite mit 26 Quadratmetern, eigenem Salon und einem Balkon mit – naturellement! – Blick auf den Eiffelturm), dafür aber witzig, platzsparend und vor allem nachhaltig eingerichtet. Der grüne Teppich mit den floralen Arts and Crafts-Details etwa besteht aus recycelten Fischereinetzen.

Ob das lokale Bio-Frühstück oder der frisch gemahlene Kaffee auf dem Zimmer aus einer benachbarten Kaffeerösterei – alles wurde nicht nur liebevoll, sondern auch nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten ausgesucht. Mitbegründer Joris Bruneel steht nämlich auch hinter dem Hotel Babel im Stadtteil Belleville, seinem 2021 eröffneten Pilotprojekt.

Eine solidarische Hotellerie erhofft sich der Unternehmer auch im «Rosalie». Daher hat er unter anderem die Chambre suspendu eingeführt und bietet nach dem Prinzip des caffè sospeso, den man in Italien an der Bar für den nächsten Gast mit weniger Geld einfach mitbezahlt, über kollaborierende Hilfsorganisationen Notfallzimmer an.

DZ ab 150 Euro/Nacht, Frühstück 18 Euro pro Person; hotel-rosalie.com

Too Hotel: Paris aus der Vogelperspektive

Als würden sie die Köpfe neigen und um die Ecke spähen, um besser zu sehen, was auf der Avenue de France denn gerade so passiert – so stehen sie da, die beiden nigelnagelneuen Türme aus der Feder des Stararchitekten und Pritzker-Preis-Trägers Jean Nouvel. Sie bilden den dritthöchsten Gebäudekomplex von Paris, nach dem Eiffelturm und dem Tour Montparnasse und bieten somit selbst noch aus dem Hotelbett heraus die untypische Sicht auf ein Paris aus der Vogelperspektive.

Die meisten Etagen der Zwillingswolkenkratzer Tours Duo, weit im Pariser Osten im 13.Arrondissem*nt gelegen, wurden zwar von einem Finanzinstitut bezogen, doch in den zehn oberen Etagen des kleineren Turms hat im vergangenen Herbst das Too Hotel seine Türen geöffnet.

Die 139 Zimmer und Suiten wurden von Philippe Starck eingerichtet, der das Hotel als «ein Schloss» beschreibt, das «über Paris schwebt, das nicht mehr wirklich zur Erde gehört». Und auch Hotelier Laurent Taïeb lässt verlauten, sein Hotel biete nicht weniger als «eine himmlische Pause».

Je nach Etage blickt man aus einer Höhe zwischen 80 und 125Metern wahlweise auf die Seine oder den Eiffelturm. Von der Too Tac Tac Sky Bar samt 150 Quadratmeter grosser Terrasse ganz oben im 27.Stock oder auch aus dem rundum verglasten Panorama-Gourmet-Restaurant zwei Stockwerke tiefer (in dem man als Hotelgast auch frühstückt), lässt sich Paris spektakulär aus der Höhe erkunden.

DZ ab 220 Euro/Nacht, Frühstück 14 Euro pro Person; toohotel.com

Hotel Paradiso: cineastische Zimmer

Als 2019 eine Modernisierung des Nation-Filmpalasts anstand, schwebte Nathanaël und Elisha Karmitz etwas gänzlich Neues vor. Und so eröffneten die Brüder – die inzwischen das Kino-Unternehmen mk2 ihres Vaters Marin Karmitz mit insgesamt 26Kinos in Frankreich und Spanien führen – 2021 über ihren Sälen im Osten von Paris das erste Kino-Hotel überhaupt: eine Vier-Sterne-Unterkunft für Liebhaber der septième art, der siebten Kunst, wie Kinofilme liebevoll in Frankreich genannt werden.

Die 34Zimmer und zwei Suiten verteilen sich – natürlich – auf sieben Etagen. Auf dem Dach sitzt ein Open-Air-Kino mit Bar, Kirschbaum und Liegestühlen. Die Fenstermasse der Fassade entsprechen mit 16:9 dem Breitbildformat bei Film- und Fernsehproduktionen, und auch innenarchitektonisch orientiert sich das Haus mit lärmschluckendem Filz, rohen Betonwänden und schweren Samtstoffen an filmhausgeschichtlicher Anmutung.

Von der Strassenrückseite fällt der Blick auf eine 15Meter hohe Collage einer Szene aus dem Stummfilm «The Kid» von Charlie Chaplin des französischen Street-Art-Künstlers und Oscar-nominierten Regisseurs JR.

Jedes Zimmer lässt sich komplett abdunkeln, die Filme werden über Laser-Projektoren an drei Meter breite Leinwände geworfen, mit 34Lautsprechern bestückte Soundbars sorgen für 3-D- Surround-Effekte in den schallisolierten Hotelzimmern. Ebenfalls im Hotelangebot: die Karaoke-Bar namens «La la Land» und eine Hotel-Loge für acht Zuschauer, die durch Spiegelglas den Blick in den Kinosaal 2 gewährt.

DZ ab 150 Euro/Nacht, ohne Frühstück, inklusive sind aber 2 Kinotickets für das mk2 Nation; mk2hotelparadiso.com